Zum Vorstellungsgespräch kommt man gut und passend gekleidet – das ist klar. Wie aber sieht es aus, wenn das Gespräch nicht vor Ort beim potenziellen Arbeitgeber, sondern virtuell stattfindet? Katharina Starlay, Stilcoach, Expertin für Corporate Dresscode, Mitglied im deutschen Knigge-Rat und bekannt unter anderem durch ihre Kolumne „Starlay Express“ beim Manager Magazin online, erläutert, was Führungskräfte bei der Vorbereitung auf ein solches Gespräch beachten sollten.

Seit Beginn der Corona-Krise geht der Trend in Richtung „casual“. Gilt das auch für virtuelle Vorstellungsgespräche?

Die „Casualisierung“ passiert auf zwei Ebenen: Zum einen durch Stoffe und Art der verschiedenen Bekleidungsteile, zum anderen bedingt durch den beengenden Kameraausschnitt, den sehr kleinen Rahmen, in dem man sich auf dem Bildschirm präsentiert. Letzterer hat dafür gesorgt, dass viele sich angewöhnt haben, oben schick zu sein und unten lässig und bequem – oben hui, unten pfui. Aber das funktioniert nicht wirklich. Denn: Kleidung ist eine Haltung. Wenn man sich schick macht, signalisiert man, dass es der andere einem wert ist – und man selbst es sich auch. Genauso reflektiert nachlässige Kleidung auf die Persönlichkeit und auf die Haltung zur Sache.

Was sollte man als Bewerber idealerweise auf dem Bildschirm ausdrücken?

Persönlichkeit und Integrität. Aussehen, Auftreten und Benehmen sind immer eine Botschaft an den Empfänger. In einer Welt, die zunehmend von bewegten, virtuellen Bildern gefüttert wird, haben wir oft keine Zeit mehr, zu sagen, wofür wir stehen. Das muss dann die Kleidung ausdrücken.

Beim Job-Interview per Videokonferenz muss ich mein Gegenüber einerseits interessieren, darf es aber andererseits nicht überfordern. Letzteres passiert oft durch Ablenkung. Vor allem Frauen bringen zu viele Elemente ein, die von ihrer eigentlichen Ausstrahlung ablenken: Da sieht man zum Beispiel schulterlange Haare, einen Blazer-Kragen, ein Tuch um den Hals, auffallende Ohrringe … das bringt Unruhe. Zudem wirkt ein nicht sichtbarer Hals unbeweglich – und das ist nichts, was wir im Interview transportieren möchten. Für Männer gilt das ebenso: Wenn Sie Hemd, Krawatte, Weste und ein Sakko tragen, sollten Sie vorher immer eine Sitzprobe machen und darauf achten, dass sich die Kleidungsstücke nicht hochschieben und der Hals dadurch „verschwindet“.

Welche Farben eignen sich besonders gut für Online-Interviews?

Farben haben immer einen persönlichen und einen strategischen Aspekt. Beim persönlichen Aspekt geht es darum, Farben zu wählen, die zum eigenen Kolorit passen. Diese kann man mithilfe einer professionellen und persönlichen Farb- und Stilberatung herausfinden – und das sollte man auch, weil gerade durch den kleinen Bildausschnitt Farben und Stil immer wichtiger werden. Wenn da etwa die Farbe des Oberteils nicht zum Typ passt, wird der Gesprächspartner ständig darüber nachdenken, wie ich dazu komme, diese Farbe zu tragen – und ich bringe meine eigentliche Botschaft nicht mehr rüber. Beim strategischen Aspekt steht die Wirkung der Farbe auf das Gegenüber im Vordergrund. Rosa zum Beispiel symbolisiert Weichheit – keine Eigenschaft, die man in der Regel in einem Job-Interview betonen möchte. Rot hingegen ist dynamisch, kann aber auch aggressiv wirken.  

Was ist wichtig in Sachen Frisur?

Die Frisur muss dem eigenen Typ und der Gesichtsform entsprechen. Für Männer mit Bart gilt außerdem: Der Bart muss unbedingt gepflegt sein. Frisur und Bart sollten immer eine Einheit bilden, Übergänge müssen fließend, Konturen sauber sein – und alles muss zu den eigentlichen Gesichtskonturen passen.

Kann man Stil eigentlich lernen?

Ja. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass Stil nichts mit Trend-Styles zu tun hat. Der eigene Stil passt zum Menschen – und er ist nie nur Selbstzweck, denn wir stehen immer im Dialog mit anderen. Wer Interesse daran hat, seine Haltung zu Kleidung und Stil zu entwickeln, dem empfehle ich als Inspiration den Blog des Fotografen Scott Schuman, The Sartorialist.

Das ganze Interview mit Katharina Starlay könnt Ihr hier nachhören oder anschauen.

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