Firmen durch Krisen helfen, Change-Prozesse begleiten, Turnarounds erfolgreich meistern: Interim Manager sind als Executives auf Zeit in allen diesen Bereichen tätig. Doch wie wird man eigentlich Interim Manager? Welches Mindset muss man mitbringen, wie gelingt der Start? Norbert Eisenberg ist seit 2006 Managing Partner bei Boyden Germany, hat bereits mehr als 500 Interim-Management-Aufträge für internationale Unternehmen erfolgreich durchgeführt – und in meinem Podcast „bewerbungsstark“ die wichtigsten Fragen meiner Coachees beantwortet.

Wie kommt ein Interim Manager an seine Aufträge?

Da gibt es unterschiedliche Wege. Zum einen kann das eigene Netzwerk helfen: Wenn Sie bereits eine erfolgreiche Laufbahn hatten, gibt es ja relativ viele Menschen, die positive Erfahrungen mit Ihnen gemacht haben. Wenn Sie diese alle einmal anrufen und fragen, wie diese Sie sehen und ob sie sich vorstellen können, Ihnen als Interim Manager Aufträge zu erteilen, führt das manchmal zu erstaunlichen Ergebnissen.

Zum anderen gibt es einen Interim Manager-Verband, den DDIM. Ich würde raten, Mitglied zu werden, da Sie dort neben der Möglichkeit, sich auf deren Website zu präsentieren, von vielen Informationen und natürlich hilfreichen Netzwerkeffekten profitieren können.

Schließlich gibt es den Weg über Anbieter wie uns, zu denen Sie Kontakt aufnehmen können. Prüfen Sie am besten mehrere Firmen, und kontaktieren Sie diejenigen, die seriös erscheinen und auch vom Level her zu Ihnen passen. Wenn dann der eigene Lebenslauf deren Anforderungen entspricht, wird man ins Gespräch kommen. Darin ist es dann vor allem wichtig, seine Stärken klar herauszustellen und genau zu vermitteln, auf welche Aufgabenstellungen man angesprochen werden will. Dabei müssen diese gar nicht immer an einer Branche oder einer exakten Position hängen – es geht vielmehr darum, dass man die Situation und das Geschäftsmodell des jeweiligen Unternehmens versteht und dies auch glaubwürdig vermittelt.

Wie gelingt der Start beim ersten Auftrag?

Das erste Vorstellungsgespräch bei einem potenziellen Klienten ist eine andere Situation als das typische Job-Bewerbungsgespräch. Interim Manager sollten sich als Geschäftspartner verstehen, nicht als Bewerber. Egal ob Leiter Supply Chain oder CEO – Sie sind der Geschäftspartner Ihres Gegenübers, und genauso selbstbewusst sollten Sie sich auch verhalten. Im Gespräch bedeutet das, klar und schlich zu besprechen, wohin es gehen soll, wie Meilensteine aussehen können und welcher Weg dahin führen kann. Und wenn sich herausstellt, dass man darin nicht übereinstimmt, ist es besser, getrennte Wege gehen – ganz unaufgeregt.

Generell sollte man als Interim Manager nur Aufträge annehmen, mit denen man sich wohlfühlt. Dieses Wohlfühlen hat eine inhaltliche, aber auch eine menschliche Komponente. Wenn Ihr Bauchgefühl sagt, das ist nicht das Richtige, sollten Sie es lassen. Das gleiche sagen auch übrigens auch die Klienten. Wenn ich auf meine gut 500 Aufträge zurückblicke und schaue, wo ich mal falsch gelegen habe, dann war das genau dort, wo rationale Argumente ein starkes Bauchgefühl übertönt haben.

Über den Start ins Unternehmen braucht man sich dagegen in aller Regel keine Sorgen zu machen. In Unternehmen, die in schwierigen Situation sind oder komplexe Veränderungen vor sich haben, wissen die Leute, dass Handlungsbedarf besteht. Und bei denjenigen Führungskräften und Mitarbeitern, die diesen Weg positiv begleiten wollen, ist da durchaus ein Hunger nach einer Person, die helfen kann. Insofern läuft der Einstieg in 99 Prozent der Fälle positiv.

Was sollten alle, die sich für eine Tätigkeit als Interim Manager interessieren, beherzigen?

1.Stellen Sie sich einmal vor den Spiegel und überlegen Sie: Kann ich mich in einer Rolle sehen, in der ich ganz auf mich gestellt bin und Erfolge bringen muss? Fühle ich mich in dieser Rolle wohl – oder brauche ich eher einen mehrjährigen Kontext und eine klare Position? Diese Selbsterkenntnis ist das Entscheidende.

2. Fragen Sie sich: Habe ich ein analytisches und konzeptionelles Toolkit, das mir dabei hilft, mit unbekannten Situationen gut umzugehen? Kann ich mir in kurzer Zeit einen Überblick verschaffen? Kann ich schnell Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen? Und, ganz wichtig: Mag ich Veränderungen?

3. Prüfen Sie, ob Sie eigentlich auf eine Karriere im klassischen Sinne – mit jedem Schritt wachsen die Aufgabe und wächst ggf. auch das Unternehmen – aus sind. Denn im Interim Management kann das durchaus wechseln. Mal arbeitet man in einem Großunternehmen, dann wieder für ein Start-up. Das kann spannend sein, liegt aber nicht jedem.

4. Wenn Sie sich entschieden haben, Interim Manager zu werden, sollten Sie sich entsprechend aufstellen. Sprich: Gestalten Sie Ihre Website, konsultieren Sie Steuerberater und Rechtsanwalt – kurz, investieren Sie wie in ein seriöses Start-Up

Und übrigens: Die meisten Kandidaten, die sich einmal als Interim Manager versuchen wollten, bleiben schließlich dabei – weil das Arbeiten in der persönlichen und intellektuellen Unabhängigkeit den meisten, die sich dafür eignen, so viel Spaß macht, dass sie nichts Anderes mehr wollen.

Das komplette Interview mit Norbert Eisenberg könnt Ihr hier nachhören: