Zum Jahreswechsel ziehen wir gerne mal Bilanz. Bin ich in meinem Job noch richtig? Sollte ich mich nicht endlich beruflich weiterentwickeln – trotz oder gerade wegen der besonderen Situation, in der wir momentan leben? Tatsächlich ist der Jahreswechsel eine gute Zeit, um sich solche Fragen zu stellen. Viele Unternehmen schreiben zum Jahresanfang neue Stellen aus. Denn Mitarbeiter, die wechseln wollen, bleiben meist bis zum Jahresanfang, um sich das Weihnachtsgeld vor dem Abgang zu sichern. So kommt ab Januar Bewegung in den Job-Markt.

Vor dem neuen Job steht jedoch für alle, die ihre Neujahresvorsätze in die Tat umsetzen wollen, eine Hürde: die Bewerbung. Insbesondere in Sachen Lebenslauf kursieren derart viele Ratschläge, dass manch einer frustriert aufgeben möchte.

Das muss nicht sein. Viele diese Ratschläge sind nur Mythen. Sie halten sich zwar so hartnäckig wie Kaugummi an der Schuhsohle, sind aber trotzdem schon lange überholt. Hier kommen die drei bekanntesten:

1. Mythos: „Ein Lebenslauf darf maximal zwei Seiten haben.“

Das stimmt so nicht (mehr). Wie in allen Lebensbereichen gibt es auch hier eine kontinuierliche Entwicklung. Der erste Lebenslauf, den ich – vor langer Zeit – gesehen habe, war eine Seite lang, mit Schreibmaschine getippt, von Hand unterschrieben, mit einem angehefteten Bewerbungsfoto versehen und umfasste lediglich Daten, Job-Titel und Arbeitgeber.

Heute werden detailliertere Angaben zu den einzelnen beruflichen Stationen erwartet – angefangen beim Verantwortungsrahmen über konkrete Aufgaben, besondere Projekte und Erfolge. Mit zunehmender Erfahrung darf ein Lebenslauf also durchaus etwas länger als zwei Seiten sein. Was zählt, sind relevante Informationen zum Job, auf den man sich bewirbt. Und dabei sind natürlich die Erfahrungen der vergangen fünf bis zehn Jahre wesentlicher und dürfen ausführlicher sein als die von vor 15 Jahren.

2. Mythos: „Ein Lebenslauf darf kein Foto mehr haben.“

Über das Thema „Bewerbungsfoto“ wird seit einiger Zeit heiß diskutiert. Vor allem seit das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) 2006 in Kraft getreten ist und der Arbeitsmarkt zunehmend internationaler wird, beobachte ich eine steigende Verunsicherung und Mythenbildung dazu.

Tatsache ist: Nach dem AGG dürfen Unternehmen offiziell keine Bewerbungsfotos mehr einfordern. Das heißt aber nicht, dass es für Bewerber verboten ist, Bewerbungsfotos zu nutzen. Ich würde darauf nicht verzichten, denn aus meiner Erfahrung bevorzugen 80 Prozent der Verantwortlichen Bewerbungen mit aussagekräftigen Fotos.

Der Lebenslauf ist Deine persönliche Werbebroschüre. Besonders beim Foto hast Du die Möglichkeit, Deine Persönlichkeit ins Spiel zu bringen – schließlich geht es nicht nur um Daten und Kompetenzen. Ein hochwertiges Bewerbungsfoto ist also ein sehr wichtiger Teil des Personal Branding. Dieses Bild sollte Dich als Typ akzentuieren und gleichzeitig zeigen, dass Du zum Stil des Unternehmens passt, dessen (Bild-)Sprache sprichst. Schau Dir dazu einmal bei zehn Deiner potenziellen Zielfirmen die „Über-uns-Seiten“ an: Wie präsentieren sich die Menschen dort? Passe deine Fotos farblich und im Kleidungsstil daran an; bleib dabei aber trotzdem authentisch.

Wichtig ist auch die Aktualität des Bildes. Ich erinnere mich noch heute an eines meiner ersten Interviews als Personalberaterin: Ein Herr betrat den Raum, den ich nicht mit Foto auf dem CV in Einklang bringen konnte. War das der falsche Kandidat? Wo war mein Kandidat? Die Aufklärung: Es war der richtige Kandidat, aber das Foto war veraltet. Der beste Einstieg in das Jobinterview war das allerdings nicht.

Übrigens solltest Du unbedingt darauf achten, dass Du zusätzlich zu den Abzügen der Fotos, auch eine digitale Variante (jpg, png, tif) von Deinem Fotografen bekommst und dauerhaft ein uneingeschränkte Recht zur Veröffentlichung hast. 

All dies gilt hauptsächlich für den deutschsprachigen Arbeitsmarkt. International solltest Du dich über die landesüblichen Gepflogenheiten vorab gut informieren. Als Faustregel gilt: In europäischen Länder (mit Ausnahme von Großbritannien, Irland, den Niederlanden und Schweden), China und Japan gehört ein Bewerbungsfoto zum Lebenslauf. Eine Bewerbung ohne Bild könnte sogar in der Priorität nach hinten rutschen.

In den USA, Kanada und Großbritannien (oder Unternehmen in Deutschland mit Hauptsitz in diesen Ländern) sollte man dagegen auf ein Foto im Lebenslauf verzichten. Das liegt zum einen an den dortigen Arbeits- und Antidiskriminierungsgesetzen, wird aber auch als deutsche Marotte belächelt. Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass man deshalb aussortiert wird.

3. Mythos: „Hobbys gehören nicht in den Lebenslauf.“

Oft wird diese Chance, Personal Branding zu betreiben, nicht oder nur schlecht genutzt. Auch hierbei gilt – wie im ganzen Lebenslauf – die Relevanz für die Position, auf die man sich bewirbt. Ist diese nicht gegeben, lass den Punkt lieber weg.

Generell gibt es bei Hobbys einiges zu beachten:

  • Passive Beschäftigungen: Lesen, Fernsehen, Kino und Computerspiele lassen Sie passiv wirken und können eher unvorteilhafte Assoziationen hervorrufen. Lieber weglassen!
  • Extremsportarten stehen zwar für hohe Risikobereitschaft, können aber auch die Frage aufwerfen, was passiert, wenn Du durch einen Unfall ausfällst. Also Vorsicht!
  • Mit teuren Hobbys wie Golf, Segeln, Turnierreiten oder Polo können Senior Executive-Kandidaten demonstrieren, dass sie sich im passenden gesellschaftlichen Umfeld bewegen, und über ein geschäftlich nutzbringendes Netzwerk verfügen. Gerade bei Positionen mit Außenwirkung ist das ein Plus.
  • Exotische Freizeitaktivitäten wie Schlangen züchten oder Spinnen halten, mit denen sich nur wenige Menschen identifizieren können, sind eher nicht geeignet.
  • Aktivitäten, die das Unternehmen sponsert: Ein Unternehmen, das Museen unterstützt, wird sich eher für einen Kunstliebhaber interessieren, eines, das exklusive Reitturniere sponsert, wird sich lieber von einem Reiter als von einem Fußballer vertreten lassen. Nichts gegen Fußballer – hier geht es um den Fit zur Community.
  • Ehrenämter und das Engagement in Vereinen: Was in US-amerikanischen Lebensläufen schon lange Usus ist, rückt auch hier immer mehr in den Fokus. Aus ehrenamtlichen Engagement leiten sich Qualitäten wie Gemeinschaftssinn und soziales Engagement ab.

Zudem bieten Hobbys für Recruiter eine gute Möglichkeit, einen authentischen und persönlichen Eindruck vom Bewerber zu gewinnen. Das ist ein echter Vorteil, denn an Menschen mit Profil erinnert man sich länger. Allerdings ist auch hier Authentizität gefragt: Wer Önologie als Hobby im Lebenslauf stehen hat, sollte die Frage nach den Unterschieden zwischen einem Tempranillo und einem Merlot halbwegs qualifiziert beantworten können.

Viel Erfolg beim Bewerben!